Dark Patterns – die dunkle Seite des Designs

Du betrachtest gerade Dark Patterns – die dunkle Seite des Designs

Während Design (zumindest für mich) mit Schönheit, Klarheit, passenden Farben und tollen Produkten zusammenhängt, gibt es da noch eine weitere, richtig dunkle Seite des Designs. Die Seite, wo Design genutzt wird, um zu manipulieren. Und um diese geht es hier: Die Dark Patterns, die Manipulatoren, Bösewichte und Schurken im Design.

Was sind Dark Patterns?

Bevor ich dir die einzelnen „Bösewichte“ namentlich vorstelle, gehen wir es mal allgemein an. Dark Patterns (dunkle Muster) sind Tricks, die teilweise auf Webseiten, Apps oder auch in Verträgen genutzt werden, um Kund:innen oder Besucher:innen zu manipulieren oder zu täuschen. Mit diesen Tricks bringen Anwender Menschen dazu, etwas zu tun, was sie gar nicht möchten – beispielsweise Daten herausgeben, mehr einkaufen oder sich für etwas anzumelden.

Vielleicht hast du dich auch schon gewundert, warum du plötzlich von einer Versicherung angerufen wirst, nachdem du bei einem Wettbewerb mitgemacht hast? Da ist wahrscheinlich irgendwo gut versteckt (das kann Design nämlich auch) geschrieben, was mit deinen Daten passieren darf.

Dark Patterns basieren meist auf eine Kombination aus trügerischer Optik, verwirrender Sprache und versteckten Funktionen. Dabei werden Unwissenheit, Verzweiflung und Ungeduld von Menschen ausgenutzt, um einen höheren Profit daraus zu schlagen. Schurken, ich habs ja gesagt.

Warum tut man so was?

Nicht Voldemort steckt hinter diesen Dark Patterns. Es sind Unternehmer:innen, Menschen, die mehr Umsatz, mehr Daten, mehr von allem wollen.

Dark Patterns werden immer häufiger im Internet angewendet, auch wenn dabei wiedermal die langfristigen Folgen ignoriert werden. Denn, Menschen mögen es nicht, manipuliert, ausgetrickst und ausgenutzt zu werden (das ist ja mal ne gaaanz neue Erkenntnis). Wenn bei einer Abo-Falle plötzlich weiter Geld vom Konto abgehoben wird, ohne dass man sich erinnern kann, dem so zugestimmt zu haben, fördert dieses Dark Pattern nicht unbedingt den guten Ruf des Unternehmens (um es mal gelinde auszudrücken). Langfristig wirkt das Einsetzen von Dark Patterns eher kontraproduktiv. Kurzfristig nimmt vielleicht die Verkaufsabteilung mehr Geld ein. Langfristig wird aber der Kundenservice sehr viele Überstunden machen müssen…

Darf ich Vorstellen? Die Schurken des Designs

Das Dapde (Dark Pattern detection project) hat eine wunderbare Gruppierung der verschiedenen Dark Patterns. Sie erteilen die Dark Patterns in Druck / Operativer Zwang / Hindernisse / Erschleichen und Irreführung ein. Das klingt ja schon mal vielversprechend böse 😉 Es folgen nun die Schurken in alphabetischer Folge.

Bait and Switch

Dieses Dark Pattern ist ein besonders freches. Das Klicken auf das Kreuz führt in den allermeisten Fällen dazu, dass das Fenster geschlossen wird (kennen wir alle). Ich sage bewusst „allermeisten Fälle“, weil es tatsächlich Leute gibt, die auf die Idee kommen, hier einfach mal was ganz Neues auszuprobieren. Ich schätze Innovation und Kreativität ja normalerweise sehr, aber das geht dann nun doch (viel!) zu weit. Und wenn du jetzt denkst, dass man dafür auf zwielichtigen Seiten herumstrolchen muss – nein, Windows hat das für ihr Update auch genutzt. Das Update wurde mit Klick auf X trotzdem ausgeführt. Wie vertrauenerweckend, wenn solche Muster eingesetzt werden (falls das nicht klar ist, das ist definitiv ironisch gemeint – ich nutze ja sowieso lieber Open Source Softeware!)

Click Fatigue

Bist du manchmal auch müde, dich durch den Jungle des Internets zu klicken? Tja, das wird bei diesem Dark Pattern ausgenützt. Das gewollte Verhalten (Cookies akzeptieren, Abo kaufen, Mitgliedschaft beibehalten,…) wird dabei mit sehr wenigen Klicks gefördert, während man für das Gegenteil sich eine gefühlte Ewigkeit durchklicken muss. Cookie Banner sind ein hervorragendes Beispiel. Anstatt Annehmen und Ablehnen als gleichwertige Optionen zu setzen (gleiche Grösse, Farbe, Position), muss man manchmal einiges durchklicken, um nicht getrackt zu werden.

Confirmshaming

Dieser Bösewicht find ich richtig gemein, denn er spielt auch mit den Gefühlen der Menschen. Ein Cookiebanner mit folgendem Text, löst beim Entscheid Emotionen wie Schuld oder ein schlechtes Gewissen aus, um Menschen dazu zu bringen, doch die für das Unternehmen bessere Option zu wählen.

„Um vielen süssen Katzen ein neues Zuhause zu schenken, sammeln wir deine Daten. Das ist ja wohl okay für dich, oder?“

Die Antwortmöglichkeiten könnten folgendermassen aussehen: „Natürlich, ich liebe Katzen“ und „Ne, ich bin Egoist und mag keine Tiere“. Bitte, lasst das sein!

Countdowns

Das neue Jahr wird mit einem feierlichen Countdown willkommen geheissen. Immerhin hat hier niemand das Gefühl, dass das neue Jahr ausfällt, wenn er nicht schön brav um Mitternacht mit Sekt anstösst. Im digitalen Warenkorb wird es genutzt, um den Eindruck zu erwecken, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung nur noch für eine bestimmte Zeit verfügbar ist. Gerade wenn es sich um digitale Produkte handelt, wird das ganze ad absurdum geführt.

Disguised Ads

Versteckte Werbung lässt sich super einfach auf die Webseite unterschmuggeln. Und zack, landet man plötzlich auf einer ganz anderen Seite, die einem was ganz schnell auf die Nase binden will. Dieser Schurke ist wie ein Chamäleon. Sieht aus, wie der Rest der Webseite, aber sobald man es genauer anschaut, kommt was ganz anderes zum Vorschein. Echte Chamäleons sind mir da ehrlich gesagt deutlich lieber.

Forced Continuity

Bist du auch schon reingefallen? Hast dir irgendwo ein Gratis-Abo geholt, nur um dann ein paar Wochen später zu merken, dass es nur die ersten 30 Tage gratis war? Es ist gezwungene Bezahlung, die nur dann nicht erfolgt, wenn man sich das Ende der Probefrist fett in den Kalender einträgt und dann hoffentlich nicht mit dem „Hidden Information“ Dark Pattern konfrontiert wird.

Übrigens ist es nur dann wirklich ein Dark Pattern, wenn das Angebot auch wirklich so gestaltet ist, dass Menschen denken, es ist kostenlos und die Folgekosten verschleiert werden. Das kann mit Schriftgrösse, Farbe und natürlich auch mit Worten getan werden. Kostenlose Probeabo mit klarer Kommunikation sind keine Schurken.

Forced Enrollment

Was Menschen nicht alles tun, um an Daten zu kommen. Bei diesem Dark Pattern wird man sozusagen gezwungen, Bedingungen zu akzeptieren, ohne, dass diese für die Bereitstellung der Leistung eigentlich erforderlich sind. Klingt ein bisschen kompliziert. Vielleicht kann ich dir diese kleine Manipulation an folgendem Beispiel verdeutlichen.

Du willst Artikel X lesen, aber da kommt ein Popup-Fenster mit einem Anmeldeformular. Du kannst es weder wegklicken, noch die Seite ohne Popup aufrufen. Du wirst also gezwungen, dich auf eine Liste zu setzen, obwohl das natürlich überhaupt nicht nötig ist, um einen Artikel zu lesen. Mein Tipp: Such dir eine andere Quelle für die Info, die du brauchst. Und zwar eine, die ohne Dark Pattern auskommt 😀

Forced Review

Noch ein Beispiel mehr für Zwang. Hier kann ein Dienst nur dann weiter genutzt werden, wenn (veränderte) Nutzungsbedingungen erst zugestimmt werden.

Hidden Cost

So, fangen wir mit dem Versteckspiel an. Die nächsten drei Kandidaten haben wohl als Kind sich etwas zu viele Verstecke ausgedacht. Hier werden zusätzliche Kosten bis zum allerletzten Schritt versteckt und nicht erwähnt. Besonders mühsam, wenn man vorher schon einiges an Recherche-Arbeit bezüglich günstigstem Anbieter gesteckt hat und jetzt nur noch auf „Bezahlen“ klicken müsste. Aber das Ding kostet jetzt nicht mehr 99.50 CHF, sonder mit Verarbeitung und Versicherung und was man sich sonst noch ausdenken kann plötzlich 149.50 CHF.

Hidden Information

Man kann nicht nur Kosten, sondern auch Informationen und Optionen wunderbar verstecken. Macht ja bei Ostereiern schon Spass, aber nicht, wenn ich eine Reise ohne Versicherung buchen möchte und die „Nicht Versichern“-Option unter der Länderauswahl (und da bei N) gut versteckt ist. Auch bei Cookie-Bannern ist das eine beliebte Methode. „Ablehnen“ kann ja auch in hellgrau (auf weissem Hintergrund), klein geschrieben und irgendwo mitten in den Text gesetzt werden… auch hier kann ich nur raten: Lass uns ein Dark-Pattern-Bingo machen. Wer alle gefunden und erfolgreich abgelehnt hat, kann sich als Rätsel-Profi betiteln 😀

Hidden Subscription

Warum nur einmal absahnen, wenn man die Kuh mehrfach melken kann? Bei der versteckten Subscription wird Kund:innen einfach anstatt eines einzelnen Gegenstandes gleich ein Abo verkauft. Auch hier muss man auf der Hut sein und das Häkchen wieder auf „einmalige Lieferung“ setzen. Mag ich nicht nur nicht, weil ich Kühe lieber gar nicht erst melken würde (vegan und so), sondern weil ich selbst entscheiden will, ob ich die ja vielleicht ganz praktische Abo-Variante möchte.

Misdirection

Dieses Dark Pattern ist seeeeehr verbreitet. Um trotzdem an die Daten der Nutzer:innen zu kommen, muss man gar nicht sooo einfallsreich werden. Es reicht schon, eine Option stark zu betonen, während die farblich, von der Grösse und Position her einfach viel unauffälliger gestaltet wird. Achte dich mal bei den nächsten 10 Seiten auf die Cookie-Banner. Jede Wette, das mindestens 8 von 10 (wenn nicht sogar 10 von 10) den „Alle akzeptieren-Button“ farblich hervorgehoben haben, während „Ablehnen“ viel versteckter ist. Funktioniert natürlich bei den allermeisten. Bei so störrischen Eseln wie mir allerdings nicht 😉

Nagging

Warst du als Kind auch super gut, im Nicht-Aufgeben? Immer und immer wieder Fragen, ob nicht doch ein bisschen TV-Zeit drin liegt. Bis die Erwachsenen nachgeben. Tja, das Muster gibt es auch als digitalen Schurken (yay :S). Es setzt auf wiederholtes und manchmal schon frech aggressives Auffordern, eine gewünschte Handlung auszuführen. Wenn beim ersten Mal nicht zugestimmt wird, kommt das Pop-Up immer wieder, und „nörgelt“ so lange, bis man endlich zustimmt (zustimmen muss man im Gegensatz zum Ablehnen natürlich nur ein einziges Mal…). Wie beim Kind hilft auch im Internet: Konsequent bleiben und tief durchatmen (du siehst bestimmt auch mit grauen Haaren fantastisch aus ;))

Preselection

Ähnlich wie bei der Hidden Subscription, wird hier einfach mal die teurere Version vorausgewählt. Kann natürlich auch wieder auf „einmalig“ gesetzt werden, aber gerade bei Spendenformulare mit Lastschriftverfahren, merkt man es vielleicht erst etwas später (je nach dem wie oft man den Kontoauszug studiert), dass die eigentlich „einmalige“ Spende von 100 CHF jetzt schon zu 600 CHF wurden, weil „monatlich“ statt „einmalig“ vorausgewählt war.

Price Comparison Prevention

Dieser Bösewicht nimmt das Sprichwort „Man kann Äpfel nicht mit Birnen vergleichen“ sehr ernst. Denn durch dieses Dark Pattern wird es schwierig bis unmöglich, Preise miteinander zu vergleichen. So kann der eine Apfel im Stückpreis, während die Birnen im 1.5kg Sack angeboten werden. Die zweite Apfelsorte ist dann natürlich in der 2.5kg. Tüte… Wer gerne kopfrechnet, bekommt hier ein gratis Rätsel. Wer es nicht gerne tut (und auch nicht weiss, wie schwer so ein einzelner Apfel ist – ich gehöre zu dieser Gruppe), ist einfach nur genervt. Denn im Gegensatz zu vielen Supermärkten, wird hier der Preis nicht noch kleingedruckt auf 1kg hoch-/runtergerechnet.

Roach Motel

Eine Mausefalle würde es auch gut treffen. Mit Speck, Käse oder (für die veganen Mäuse unter uns) dunkler Schoggi wird man in die Falle gelockt. Natürlich ohne Genickbruch, man soll ja schliesslich weiter konsumieren… aber aus der Falle zu entkommen gestaltet sich als etwas schwieriger. So kann man beispielsweise ein Magazin ganz einfach mit wenigen Klicks bestellen, das Abo dann aber nur mit vielen Angaben und einem Telefonat wieder kündigen. Und es würde mich nicht wundern, wenn die Telefonzeiten sehr kurz und während „normalen“Arbeitszeiten liegt.

Scarcity

Während in Corona-Zeiten tatsächlich Klopapier- und Pasta-Mangel im Laden war, ist im digitalen Warenkorb oft ein Code für die „Verknappung“ zuständig. Es mag in gewissen Fällen tatsächlich das letzte paar Turnschuhe in deiner Grösse sein, oder aber es wird einfach ein Code eingesetzt, der im Zufallsgenerator eine (meist kleine) Zahl angibt, um deine Zweifel zu vertreiben und dich zum schnellen Kauf zu motivieren. Um das ganze noch zu dramatisieren, kann natürlich noch eine schön knallige Farbe für die Info “ Nur noch 1 verfügbar“ genutzt werden, damit deine Augen diese Info sicherlich nicht übersehen.

Sneak into Basket

Warst du eins dieser schlauen Kids, die beim Einkaufen einfach mal kurz die Lieblingschokolade unter die Haferflockenpackung geschmuggelt haben? In der Hoffnung, dass Mama oder Papa dann einfach an der Kasse nichts bemerken oder es durchgehen lassen…?

Tja, was du damals konntest, können auch Onlineshops. Immerhin suchen sich die meisten Frechdachse ein passendes weiteres Produkt aus, dass sie dir in den Einkaufskorb schmuggeln. Schuhe gekauft? Guck lieber vor dem Bezahlen noch nach, ob nicht noch eine Extra-Packung Schnürsenkel hinzugefügt wurde. Musst du nämlich selber entfernen.

Social Proof

Testimonials sind wundervoll. Sie können uns helfen, anhand von anderen Kundenmeinungen uns für oder gegen ein Produkt zu entscheiden. Geschickt selektiert und platziert wirken sie aber auch stark auf die Kaufentscheidung ein. Ganz zu geschweigen, dass „Michael“ und „Franziska“ vielleicht gar keine echten Menschen sind und das Testimonial einfach nur erfunden ist.

Vielleicht hilft es dir ja, trotz Social Proof nochmals zu überlegen, ob du das Produkt wirklich brauchst, oder ob da auch ein Teil in dir ist, der dir sagt: „Kauf das, wenn die das alle so gut bewertet haben, brauchst du das unbedingt auch“. Kleiner Tipp, in dem Fall besser nochmals ne Nacht drüber schlafen 😉

Trick Question

Dieser letzte Schurke erinnert stark an die Schulzeit: mit den fiesen doppelter Verneinungsfragen beim Multiple-Choice-Test musste man sich damals und auch heute noch abquälen.

Im Verbraucherzentrale-Test gibt es beispielsweise diese Frage: „Bist du sicher, dass du nicht möchtest, dass wir Cookies speichern dürfen? Klicke „Nein“, wenn du nicht willst, dass wir keine Cookies speichern dürfen.“ Äähm, mein Hirn bekommt gleich ein Krampf…

 

Sind das wirklich Schurken?

Ich habe hier die Metapher von Bösewichten genommen, um diesem Thema etwas Humor beizusteuern. Ich möchte aber hier noch anmerken, dass es Menschen sind, die vielleicht einfach nur irgendwo gelesen haben, dass man „das im Marketing so macht“ und zack, auf ihre Homepage integriert haben. Sie haben sich dabei nichts böses gedacht und nicht weiter darüber nachgedacht. Falls du also eines dieser Dark Patterns nutzt oder genutzt hast, ich möchte dich nicht angreifen, sondern dir nur erklären, was das bei Kund:innen auslösen kann. Und die Frage stellen: Ist es dir das wirklich Wert?

Du kennst noch weitere ernennenswerte Frechdachse?

Die Liste ist nicht abschliessend, aber wie du siehst, kursieren da so einige Bösewichte, Frechdachse und Manipulatoren im Internet. Wenn du deine Fähigkeiten mal testen willst, die Verbraucherzentrale hat ein ziemlich witziges Spiel erstellt, wo du alle Cookie-Banner ablehnen musst… gar nicht so einfach, ich habs versucht.

Mich würd natürlich auch interessieren, welches Dark Pattern du besonders dreist findest. Kannst das gerne als Kommentar hinterlassen. Und falls du ein Dark Pattern auf meiner Webseite entdeckst, sag mir bitte Bescheid.

Post per Brieftaube Buchfink

Du erhältst liebevolle Newsletter mit Tipps und Tricks zu (nachhaltigen) Webseiten, einem tollem Grafikauftritt und ab und zu ein paar achtsame Marketing-Hinweise.

Du kannst dich jederzeit mit nur einem Klick wieder aus dem Newsletter austragen.
Weitere Infos findest du in der Datenschutzerklärung.