Alles was du über Schriften wissen musst für deine Selbstständigkeit

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Falls du dein Business noch nicht gestartet hast, bist du hier natürlich auch goldrichtig. Denn es geht darum, dass du dir Gedanken zu deinem Corporate Design, dem Aussehen deines Business machst. Schriften gibt es wie Sand am Meer, aber welche ist jetzt die richtige für dich? Falls du mich oder eine:n andere:n Grafikdesigner:in beauftragst, dir ein Logo, Briefbogen oder Webseite zu gestalten, wird die Frage aufkommen, ob du einen Schriftwunsch hast.

Entweder du überlässt es dann dieser Person, oder du machst dich vorher schlau. Du scheinst zur zweiten Kategorie zu gehören. Und damit du auch wirklich einen Überblick hast, habe ich dir diesen langen Artikel geschrieben. Ja, dafür brauchst du eine Weile zu lesen, dafür hast du nachher auch eine gute Basis.

1. Teil: Basiswissen zu Schriften

Wenn wir gerade von Basis reden, ich fasse hier mal sehr, sehr kurz zusammen, was ich in meiner Grafik-Design-Ausbildung gelernt habe. Es hilft dir, weil du nachher weisst, welche Schriften du wofür brauchst, welche sich kombinieren lassen und welche zu deinem Unternehmen passen könnte.

Welche Schriftklassen gibt es?

Es gibt die DIN-Klassifikation und die alternative Klassifikation, um Schriften in Schubladen stecken zu können. Hier eine vereinfachte Version der alternativen Schriftklassifikation.

Grundsätzlich unterscheidet man mal zwischen serif und sans serif. Also ob eine Schrift diese „Füsschen“ hat oder nicht. Dann gibt es Scriptfonts, also Schreibschriften. Dazu kommen noch die gebrochenen Schriften (was auf einigen Bieren noch genutzt wird oder auch bei Zeitungen) und Schmuckschriften. Das Ganze mal in bildilch:

Die alternative Schriftklassifizierung ist mit Beispielschriften gefüllt: Sans Serif - Open Sans, Serif - Liberation Serif, Script - Smooth Stone, Graphic & Display - Barrio, Blackletter - UnifrakturMaguntia

Welche Schriften kann ich kombinieren?

Beim Kombinieren solltest du vor allem schauen, dass du nicht zwei Schriften aus der selben Klasse verwendest. Zwei unterschiedliche Serifenschriften sehen beispielsweise sehr komisch aus.

Das heisst: Kombiniere eine Serif und Sans Serif und du hast schon mal einen deutlichen Kontrast.

Auch eine Schmuck- oder Schreibschrift mit einer Sans Serif wirken sehr gut.

Oder aber du suchst dir eine Schriftsippe (bspw. die DejaVu, welche aus Schriften der Klasse Serif und Sans Serif besteht, die aber aufeinander abgestimmt wurden). Diese Schriftarten der Sippe passen auch gut zueinander.

Auch verschiedene Schnitte passen gut zusammen, sprich: condensed, bold, italic einer Schrift miteinander kombinieren.

Es sind verschiedene Schriftarten miteinander kombiniert. Zum Beispiel Sans Serif und Serif, Schmuckschriften und Sans Serif, Schriften einer Schriftsippe und verschiedene Schnitte einer Schrift

Was gefällt dir und was gefällt deiner Zielgruppe?

Überlege dir unbedingt auch, was deiner Zielgruppe gefällt. Vielleicht magst du eine Schrift, die sehr eckig und dick ist, aber du bietest Coaching für hochsensible Frauen an. Das könnte dann die falsche Wahl sein. Überlege dir, welche Wirkung welche Schrift hat und setze gerade auffälligere Schriften nur sehr sparsam ein.

Wie viele Schriften brauche ich?

Weniger ist hier definitiv mehr. Eine sehr prägnante Schrift, die dein Business optimal verkörpert, solltest du dir für dein Logo reservieren. Eine brauchst du für alle Textblöcke und eine für Überschriften. Nutze lieber eine Schrift mit verschiedenen Schnitten (fett, kursiv, fett und kursiv, enger beieinander, serif und serifenlos) anstelle von X-verschiedenen Schriften.

Welche Schriften setze ich wo ein?

Schmuckschriften, Schreibschriften und gebrochene Schriften solltest du nur ganz sparsam einsetzen: Zum Beispiel in deinem Logo, der ersten Überschrift (Headline 1 = H1) oder einem Buchtitel. Sie sind anstrengender zu lesen, schlechter lesbar und sehr auffällig, weswegen sie sich gut als Hingucker eignen, aber eben nicht als Fliesstext.

Für Textblöcke, Kleingedrucktes, weitere Überschriften (H2, H3) nutzt du am besten eine serif oder sans serif, die nach einer „klassischen Schrift“ aussieht. Denk hier an Arial, Open Sans, Helvetica etc. Es müssen nicht diese exakten Schriften sein, aber sie sollten eben nicht verschnörkelt und auffällig sein. Gut lesbar und klar sind hier die Stichworte.

Logo

Eine gut lesbare aber individuelle Schrift, welche die Corporate Identity optimal widerspiegelt. Was verkörpert dein Unternehmen? Soll die Schrift dementsprechend schlicht, elegant, geschwungen, kindlich, minimalistisch oder klassisch wirken?

Textblock

Hier ist es vor allem wichtig, dass die Schrift sehr gut lesbar ist. Also nichts was in die Kategorie „Handschriften“ geht. Das ist viel zu anstrengend zum Lesen. Wir sind uns von Büchern, Social Media, dem Internet gewohnt, gut lesbare Schriften serviert zu bekommen. Und du willst ja nicht deine Leser:innen vergraulen, in dem du deine ganzen hilfreichen Texte in einer schwer lesbaren Schrift setzt.

Überschriften

Hier darfst du etwas experimentierfreudiger sein – wenn es passt. Denke auch hier an deine Zielgruppe, an die Langlebigkeit (vielleicht also nicht gerade die trendigste Schrift nehmen) und an Einzigartigkeit. Diese Schrift darf deine Business wieder repräsentieren. Eine Näherin, die individuelle Kleider für ihre Kund:innen erstellt, darf da gerne zu einer kreativeren Schrift greifen, wenn du aber beispielsweise mit Menschen zu tun hast, die ein Kind verloren haben, sollte die Schrift wahrscheinlich eher ruhig wirken.

Achte auch hier auf die Lesbarkeit. Vor allem auf Visitenkarte oder auf einem kleinformatigen Flyer sollte die Schrift immer noch gut lesbar sein. Teste sie unbedingt (mehr dazu gleich).

Wenn deine Schrift eher auffällig ist, nutze sie wirklich nur als erste Überschrift (H1). Für weitere Abstufungen solltest du deine Textschrift nutzen. Zum Beispiel indem du sie in GROSSBUCHSTABEN setzt, oder fett, farbig oder grösser machst. In diesem Blogartikel kannst du meine Hierarchie sehr gut sehen. Nur der Titel ist in der H1, die restlichen Hierarchien sind alle mit meiner Textschrift gesetzt. Das ergibt ein durchgängiges, klares und gut lesbares Ergebnis.

Die Überschriften-Schrift solltest du übrigens auch wirklich nur bei Überschriften nutzen. Keine Buttons, nicht im Footer, oder sonstwo. Denn dann wird es wieder schwierig zu lesen.

Diese ausgewählten Schriften nutzt du danach für alles, was du für dein Unternehmen anbietest. Deine Webseite, Flyer, Rechnungen, Visitenkarte, Workbooks,… Das ergibt dann den einheitlichen Auftritt, das Corporate Design.

Teste die Schriften

Bevor du dich endgültig für eine Schrift entscheidest, teste sie unbedingt. Das geht am einfachsten wenn du sie in einem Dokument anwendest (Textblöcke min 100 Worte, Überschriften 5 Worte) in unterschiedlichen Grössen anschaust, am besten auch noch ausdruckst und sie mal etwas weiter weghälst.

Ist sie gut lesbar?

Wie wirkt sie in unterschiedlichen Grössen? Ist sie immer noch gut lesbar?

Wie wirken die Schriften in Kombination? Ergänzen sie sich oder übertoppen sie sich eher?

2. Teil: Wo finde ich kostenlose (Open Source) Schriften?

So, jetzt willst du wahrscheinlich gleich das gesamte Internet nach der besten Schrift durchkämmen. Wart noch ganz kurz, den der zweite Teil dieses Artikels ist ebenfalls sehr hilfreich, vor allem, dass du nicht zu viel Geld ausgeben musst und nicht noch in ein Rechtsstreit gerätst, weil du eine falsche Lizenz oder gar keine besitzt, um deine auserkorene Schrift zu verwenden.

Um den letzten Punkt zu umgehen, empfehle ich dir, Open Source Schriften zu verwenden.

Warum Open Source Schriften?

Gerade für frisch geschlüpfte Selbstständige stapeln sich die Kosten am Anfang. Eine Webseite, ein Logo, vielleicht ein Büro und die komplette Einrichtung – da ist man froh, wenn man nicht auch noch 300 Franken für eine Schrift ausgeben muss. Mir ging es jedenfalls so.

Open Source Schriften sind da ein echtes Geschenk. Sie sind kostenlos, respektive spendenbasiert (dazu gleich mehr). Open Source hat aber auch den Vorteil, dass es eben quelloffen ist, du (oder Grafikdesigner:innen deines Vertrauens) also rein theoretisch eine Schrift auch ergänzen kannst (um Umlaute beispielsweise) und diese der Welt zur Verfügung zu stellen.

Open Source Schriften kannst du sowohl für den persönlichen, als auch für den gewerblichen Gebrauch nutzen. Lies dir die Lizenz aber bitte gründlich durch.

Was kosten Schriften?

Die Frage ist nicht mit einem Betrag zu beantworten. Wäre ja auch zu schön ;). Es kommt sehr drauf an, wofür du die Schrift brauchst. Willst du sie auf deiner Webseite benutzen, rechnen manche Font-Verkäufer mit einem Pauschalbetrag pro Einheit Seitenaufrufe (beispielsweise 50 Franken für 250’000). Wenn du sie dann noch für Druckprodukte verwenden willst, zahlst du beispielsweise nochmals 50 Franken für 1 Benutzer. Wenn ich als Grafikdesignerin dir etwas in deiner gewünschten Schrift designen will, brauche ich eine Lizenz. Die darfst du dann aber nicht nutzen. Du müsstest dir (und allenfalls jedem anderen Designer, Mitarbeiter etc.) eine Lizenz kaufen. Du siehst, das kann ins Geld gehen. Preislich sind da aber auch Schriften für 300 Franken für eine Lizenz dabei. Dann läpperts sich erst recht.

Spenden für Open Source Schriften

Open Source hat den Vorteil, dass du selbst bestimmen kannst, wie viel du zahlen möchtest. Ich lege dir sehr ans Herz, diesen Anbietern ebenfalls etwas zu spenden. Schliesslich hat hier jemand auch tagelang gearbeitet, um eine richtig tolle Schrift zu entwickeln. Du kannst also einzelne Menschen unterstützen, anstatt Grosskonzerne (wo wieder mal nur einer ganz oben Kohle scheffelt).

Das Gute bei Spenden ist, du kannst dir ein Modell überlegen, einen Prozentsatz festlegen oder ein jährliches Budget einplanen. Überleg dir, was du jährlich zahlen müsstest für eine gekaufte Schrift und finde einen stimmigen Betrag, den du stattdessen an die Schriftentwickler:in spendest. (Am besten legst du dir eine Tabelle an mit den Programmen, Entwickler etc.)

Ich zum Beispiel nutze (fast) nur Open Source Programme, Grafiken und Schriften. Von meinem Umsatz spende ich jährlich 1.25 % an die verschiedenen Programmhersteller:innen, Schriftentwickler:innen, etc. (bei einem Jahresumsatz von 56’000 sind das 700 Franken).

Ich hab da eine ganz tolle Schrift im Netz gesehen – wie find ich raus, welche das ist?

Du bist mal wieder im Internet unterwegs und hast eine ganz tolle Schrift entdeckt? Dann kommen hier zwei Möglichkeiten, herauszufinden, was das für eine Schrift ist. Entweder du checkst diese Seite ab oder nutzt das Browser Plugin Whatfont.

Private und kommerzielle Lizenzen

Es gibt sehr viele Schriftportale, wo du dir ne ganze Menge umsonst herunterladen kannst. Aber Achtung: viele davon sind nur für den privaten Gebrauch legal. Und sobald du sie auf dem PC hast, wirst du nicht mehr auswendig wissen, welche du für die Geburtstagskarte für Tante Betty nutzen darfst, und welche für einen Flyer, um deinen neusten Workshop anzupreisen.

Mein erster Ratschlag ist: Lade dir nur Schriften runter, welche du kommerziell nutzen darfst. Zweiter Tipp? Lies jede Lizenz! Such nach: free for private and commercial use. Nur so bist du sicher, dass du nicht eine Schrift nutzt, die du gar nicht nutzen dürftest.

Achte auf Umlaute und Sonderzeichen

Ich hab noch ein dritter Tipp: Kostenlose Schriften enthalten manchmal nicht alle Zeichen. Gerade Ä, Ö, Ü fehlen relativ häufig (im englischsprachigen Bereich werden die nicht benötigt, aber für ein deutschsprachiges Business geht’s einfach nicht ohne). Wenn du also am Schriften suchen bist, gib einen Beispielsatz ein, der ein Umlaut enthält, damit du dich nicht eine Schrift verliebst, die du dann gar nicht nutzen kannst.

Schriften ergänzen mit Font Forge

Falls dieser letzte Tipp zu spät kommt und du schon eine Schrift gefunden hast, die du unbedingt nutzen willst, aber sie keine Umlaute hat: Es gibt eine Rettung. Nein, die Rettung ist nicht, dass du dir tausend Synonyme ausdenken musst für jedes Wort mit ä, ö oder ü. Und nein, du schreibst in Zukunft auch nicht einfach ae, oe oder ue. Tu das bitte nicht.

Lade dir lieber die Open Source Software Font Forge herunter. Und folge dieser Anleitung. Damit hab ich dieses Problem auch schon gelöst. Man nehme ein a und zwei i-Punkte und voilà, schon hat man ein ä gezaubert. Ein bisschen aufwendig ist es schon, aber falls du dich wirklich nicht mehr von der Schrift verabschieden kannst, die beste Lösung.

3. Teil: Hier findest du Open Source Schriften

So, nachdem du alles nötige weisst, kommen wir hier endlich zu dem Teil, der (mir zumindest) am meisten Spass macht. Ich verrate dir ganz viele Portale, wo du Schriften finden kannst.

Schriften kaufen

Falls du oben keine gefunden hast, gibt es beispielsweise folgende Anbieter, wo du Schriften auch kaufen kannst.

Viel Spass beim Schriften finden, die dir und deiner Zielgruppe richtig gut gefallen.

 

Ich wurde für diesen Artikel von folgenden Quellen inspiriert:

 

PS: Nein, ich bekommen keinerlei Provision für die Verlinkungen in diesem Blogartikel.

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